von
filofaxi
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16.10.2020, 17:08
Da weder das von dem Begehrenden zwanglos noch zwanghaft betriebene Begehren bereits eine Krankheit namens Habsucht darstellt, unter der er leiden muss, sondern erst sein vergebliches Ankämpfen gegen den Zwang, den Andere auf ihn ausüben, indem sie ihn zum Gieren nötigen, damit er zum Lohn dafür von ihnen wohlgelitten wird, ist sein verstärktes Gieren genau das Mittel, um sein Leiden zu beheben.
Vielleicht kann man das Gieren auch gut mit dem "Streben oder Eifern nach Etwas" vergleichen, während man Begehren eher einem "passivischen Sehnen entspricht, bei dem man hofft, Etwas zu bekommen, auch ohne danach aktivisch gieren zu müssen
Zur Krankheit hingegen führt vor Allem der dauerhaft erzwungene Verzicht auf das Begehrte wider Willen, nachdem das Gieren vergeblich war, sodass der Gierige aufgrund eines nicht gedeckten Bedarfs an einer Mangelkrankheit dahinsiecht.
Ansonsten sind Diejenigen die Leidtragenden, die durch das übertriebene Gieren des Gierigen geschädigt werden, der sich nicht mit dem Besitz Dessen begnügen will, was er für ein gutes Leben ohne Not braucht, und sich daher am gemeinschaftlichen Besitz auf Kosten Anderer gütlich tut.
Daher möchte ich an dieser Stelle noch Etwas zur „Pflicht des werterhaltenden Bewahrens von gemeinschaftlichem Besitz“ hinzufügen:
Goethes „Was du von deinen Eltern hast ererbt, erwirb es, um es zu besitzen!“ weist auf die ererbten Eigenschaften und damit verbundenen Fähigkeiten hin, die man auch Talente nennt, aus denen man Fertigkeiten machen soll, um sie auch für sich und für Andere nutzen zu können.
Damit wird das Besitzen nicht nur als ein statischer Endzustand des aktivischen Gierens nach dem Besitze angesehen, wobei das dabei zwangsläufig angehäufte Vermögen zum Selbstzweck wird, sondern als eine passivische Tätigkeit, mit der man seinen Besitz klug verwaltet, um einen maximalen Nutzen daraus zu ziehen.
Eine ererbte Eigenschaft, aus der man Nichts macht, ist wie ein vergeudetes Talent (griechisches Maß, womit Besitzgüter gewogen und jeweils mit dem Gewicht von 27 Kg Silber pro Talent bewertet wurden), was – auf das Geld als Symbol für Wirtschaftsgüter und Leistungen bezogen – bedeuten würde, dass man seinen Besitz hortet, anstatt ihn für das zu nutzen, womit das Leben lebenswert wird, indem man das Geld als Entgelt für Güter und Dienstleistungen dadurch zirkulieren lässt, dass man es an Andere abgibt, um es bei ihnen gegen das, was man benötigt, einzutauschen, womit man für sie nicht nur zum begehrten Handelspartner, sondern sogar zum beliebten Geschäftsfreund wird.
Der Geizige hingegen, der sein Wissen nicht an Unwissende weitergibt, ist genauso arm dran, weil er dafür keinen Gegenwert einhandeln kann, wie der Riese, der den Nachbarskindern verbietet, in seinen Garten zu spielen, sodass bei ihm der soziale (und nicht emotionale) Winter Einzug hält.
Darüber hinaus ist das Verweigern der Weitergabe von Wissen an Folgegenerationen sogar schädlich für die ganze Gemeinschaft und führt - ähnlich wie bei einer Naturkatastrophe, bei der viele Fachleute zu Tode kommen und ihr ganzes Wissen mit ihnen verloren geht - unter Umständen zur Degeneration des kulturellen Vermögens der gesamten, bisher mühselig zivilisierten, Menschheit.
Was hingegen das Geizen mit Emotionen betrifft, die man als „nachdrücklichen Hinweis auf sein Begehren im Sinne einer Forderung“ anstatt lediglich einer Bitte einsetzen kann, oder als Verweigerung derselben, um sich gegen eine unverschämte Forderung zu erwehren, so ist dies ein zweischneidiges Schwert, weil es ja nicht nur positive Emotionen gibt, die für Andere angenehm sind, sondern auch negative, die einen gegenteiligen Effekt haben.
Weiter geht es mit der Glücks-Gunst als ein „Vermögen im Sinne eines zu gewährenden Vorschusskredites“, den man Jemandem erweisen kann, sofern man als Gönner dazu in der Lage ist, ihn glücklich zu machen, indem man seine Wünsche erfüllt.
Jemandem erfolgreich Glück zu wünschen, bedeutet also auch, dass man über die nötigen Mittel verfügt, um dieses an der richtigen Stelle für ihn bestellte Glück auch bezahlen zu können, wozu Derjenige, der kein über das lebensnotwendige Maß hinaus gehendes Vermögen besitzt, welches er extra dafür erworben hat, um es zu diesem Zwecke veräußern zu können, nicht in der Lage ist.
So verhallt nicht nur der magische, ans Universum gerichtete Wunsch ungehört, weil das Universum keine Wünsche erfüllen kann, sondern der scheinbar joviale Gönner enttäuscht damit auch seine Handelspartner, bei denen er mit seinen Zusagen eine Heilserwartung geweckt hat, die er gar nicht erfüllen kann.
Die werden sich dann fortan nicht mehr mit seinen nicht vorhandenen, guten Beziehungen zu einem grundgütigen Vater im Himmel, der auch mit kleinen Opfergaben zufrieden ist, von ihm blenden lassen, sondern zum Ausgleich dafür, dass sie es ihm ja offensichtlich wert sind, gleich in cash verlangen, was sie glücklich macht, indem sie sagen: "Wünsch mir kein Glück zum Geburtstag, sondern schenk mir lieber 10 Euros!", um sich selber genau das davon kaufen zu können, was sie haben wollen, anstatt nur das, was sie nach der Meinung ihres Geldgebers haben sollen.
Nun noch einmal zu Deiner Frage speziell - auch wenn schon Manches darüber gesagt wurde:
..Es geht also gar nicht darum ob gieren nach (in) Besitz(nahme) nur „böse“ Menschen betreffen, sondern vor allem wie kann die Gier, die zur Sucht ausgeartet ist geheilt werden, oder besser, wie kann die Sucht überhaupt vermieden werden..
Der Verzicht auf das Gieren umschließt sowohl die Unterdrückung des begehrenden Impulses, noch mehr in seinen Besitz zu bringen, als auch den Geiz, von seinem bereits angehäuften Besitze Etwas abzugeben, wodurch nicht nur die Zukunftsangst geschürt wird, dass man in schlechten Zeiten doch nicht genügend Reserven zur Verfügung haben könnte, um am Leben zu bleiben, sondern auch die Verlustangst, das bisher Erlangte gar nicht nutzen zu können, weil man schlecht gewirtschaftet hat, sodass es am Ende für Notzeiten nicht mehr ausreicht.
Die Verschwendung führt beim Eigennützigen zum Einen zur Völlerei, bei der er den Hals nicht voll genug bekommt, weil ihn nicht der Besitz befriedigt, sondern nur das unaufhörliche Streben danach, und zum Anderen zum übertriebenen Bewahren eines Besitzstandes, wie es beim Messi der Fall ist, der Alles hortet für den Fall, dass er es nochmal braucht, und dann dabei verhungert, weil er seinen Besitz nicht veräußern will, um im Austausch dafür Etwas zu erwerben, was er tatsächlich braucht.
Diese Art der zwanghaften Askese durch Geiz, bei dem man sich selber Nichts mehr gönnt, dient in der Tat nicht dazu, sich von der Habsucht zu befreien, sondern steigert diese sogar noch ins Unermessliche, wobei man gleichzeitig am vollen Kochtopf verhungert.
Das Dilemma besteht darin, dass man nicht auf den Reiz der momentanen Bedürfnisbefriedigung verzichten will, und daher nicht damit aufhört, wenns gerade am schönsten ist, sondern immer erst so lange wartet, bis das Leiden am Überfluss den Überdruss so groß hat werden lassen, dass dieser dem Genießer den ganzen Genuss verleidet.
Dieses geschieht besonders durch wohlmeinende Spaßverderber, die versuchen, den Gierigen vor dem eigenen Untergang zu bewahren, indem sie ihm einreden, dass die Trauben viel zu sauer seien, oder außerdem unerreichbar hoch hingen, sodass sich die Mühen, danach zu gieren, erst gar nicht lohne, wobei hier nicht der moralisch verwerfliche Aspekt der Fremdschädigung an erster Stelle steht, sondern der der Selbstschädigung, welcher noch gar keine sozialen Aspekt beinhaltet.
Daher drohen die Moralapostel dem asozialen Egoisten auch vergeblich mit den Höllenqualen einer bevorstehenden Bestrafung für den Fall, dass Derjenige, der über seine Verhältnisse gelebt hat, am Ende arm wie eine Kirchenmaus ist, und sich daher trotz seiner bewusst groben Fahrlässigkeit von der Allgemeinheit durchgefüttert lassen muss, um nicht Hungers sterben zu müssen, denn einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche greifen..
Das selbe gilt für den Fall, dass der Lebemann so sehr Raubbau an seiner Gesundheit betrieben hat, dass er seinen Teil zum Gemeinwohl gar nicht mehr beitragen kann, und - ebenfalls auf Kosten der Allgemeinheit – immer wieder gesund gepflegt werden muss, und eine Bestrafung durch den „Ausschluss aus der Gemeinschaft aller Versicherten“ aufgrund des Rechtes auf „Gnade und Barmherzigkeit auch für unwürdige Bedürftige“ von Gesetzes wegen gar nicht erfolgen darf.
Damit wird auch die Krankheit des Süchtigen zum festen Bestandteil eines jeden sozialen Gesundheitssystems, welches ohne sie womöglich nur halb so profitabel für die Betreiber von Pharmakonzernen, Krankenhäusern und Arztpraxen wäre, und auch Denen, die dort auf ehrliche Weise arbeiten, auch weniger Arbeitsplätze bieten könnte.
Was nun den Unterschied zwischen dem „Besitztum als Umstand des Besitzens“ und dem „Eigentum als den veräußerlichen Besitz selber“ betrifft, so kommt hier noch der Begriff der „Eigenschaft als ein unveräußerlicher Besitz“ hinzu, den man auch nicht erwerben kann, sondern den man von seinen Eltern genetisch vererbt bekommen hat, und der aus diversen „Fähigkeiten“ besteht, mit denen ihr Besitzer potenziell in der Lage ist, sich am Leben zu erhalten.
Die „Fertigkeiten“ hingegen, mit denen er auf ehrliche Art und Weise sein Geld verdienen kann, um damit etwa Wohneigentum oder Landbesitz zu erwerben, indem er ein entsprechendes Entgelt dafür entrichtet, oder mit denen er als Meisterdieb oder Straßenräuber dazu in der Lage ist, die Besitzenden widerrechtlich auszurauben, ohne sich dabei erwischen zu lassen, bzw. sie im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit ganz legal zu enteignen, kann er sich selber aneignen, um sie dann - den eigenen Interessen entsprechend – erfolgreich für sich zu nutzen.
Das Problem bei der Zwanghaftigkeit des Gierens ist also nicht die physische Krankheit, wie etwa die der Fettleibigkeit, zu der das Siechtum mit der Zeit unweigerlich führt, sondern die ständige Übertreibung mit dem, was in Maßen sogar lebensnotwendig ist, sodass die moralische Untugend (Laster) nicht im Gieren besteht, sondern in der Völlerei und dem Unwillen des Geizigen, von seinem übermäßigen Besitz Etwas an Bedürftige abzugeben.
So, wie die vorher bereits erwähnte Ursache des angemessenen und daher gesunden Gierens ein richtig erkannter Mangel ist, so besteht die Ursache des unangemessenen und daher ungesunden Gierens in einer durch übertriebene Angst bedingten, falschen Vorstellung davon, dass der Mangel nicht behoben werden könne, wenn man nicht alle zur Verfügung stehenden Hebel in Bewegung setzt, wodurch man schnell zu viel des Guten tut, was noch schlechter für den Erfolg sein kann, als wenn man es nicht auf diese zwanghafte Weise versucht hätte.
Man bewirkt also mit dem zwanghaft übertriebenen Gieren nicht Zuviel des Begehrten, bis man dran erstickt, sondern die Mittel dazu werden auf übertrieben zwanghafte und damit auf eine dem Zwecke nicht angemessene Weise eingesetzt, wobei das Schießen mit Kanonen auf Spatzen höchst ineffizient ist, wenn man mit weniger Zwanghaftigkeit und unnötigem Aufwand viel mehr erreichen könnte.