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Um die 46 % aller deutschen Männer und 43 % aller deutschen Frauen sind bereits einmal fremdgegangen. Diese statistischen Zahlen sind seit einigen Jahren relativ stabil. Dabei ist Fremdgehen nicht gleich Fremdgehen. Die entsprechenden Vorgänge unterscheiden sich sowohl in der Motivation als auch in der Umgehensweise der Betroffenen mit diesem heiklen Thema.
Gründe für das Fremdgehen
Die Motivationen der Beteiligten für einen Seitensprung oder eine Affäre sind vielfältiger Art. An erster Stelle ist hier sicher die Bestätigung für das eigene Ego zu sehen, die in einer festen Beziehung oder in einer Ehe aus Sicht der Betroffenen über die Jahre häufig zu kurz kommt. Viele Menschen genießen es einfach, dass sie bei einem Seitensprung mit den bewundernden Augen betrachtet werden, die auch den Anfang ihrer langjährigen Beziehung prägten. Ein Seitensprung entsteht aber häufig auch einfach daraus, dass die Gelegenheit dafür besteht. Gerade im Zusammenhang mit dem Genuss von Alkohol kann es schnell einmal dazu kommen. Unter Umständen spielt es auch eine Rolle, dass die feste Partnerin oder der feste Partner nicht gewillt sind, auf bestimmte sexuelle Wünsche oder Praktiken einzugehen. Langeweile in der festen Partnerschaft kann ebenfalls eine Rolle spielen. In manchen Partnerschaften wird ein Spiel gespielt, das man am besten mit "Auge um Auge, Zahn um Zahn" beschreiben kann. Hier wird das Fremdgehen als eine Art Rache eingesetzt, um auf entsprechende Affären des Partners oder der Partnerin zu reagieren.
Folgen von Seitensprüngen und Affären
Viele Menschen, die fremdgehen, berichten davon, dass das Sexualleben in der festen Partnerschaft durchaus von dem Seitensprung profitiert. Ein neuer Impuls trifft auf eingefahrene Strukturen. Das trifft jedenfalls in der Regel so lange zu, als der feste Partner keine Kenntnis von dem Seitensprung des anderen hat. Für die meisten ist es nämlich so, dass eine Affäre oder ein Seitensprung des Partners als tiefer Vertrauensbruch angesehen wird. Bei einigen kommt noch hinzu, dass sie sich fragen, was an ihnen selbst nicht stimmt oder was ihnen fehlt. Im Ergebnis kann also in der festen Beziehung eine tiefe Krise ausgelöst werden. Das einmal zerstörte Vertrauen lässt sich nicht einfach wiederherstellen. Nicht selten trennen sich Paare angesichts eines Seitensprungs oder einer Affäre.Dabei kommt es sehr auf das individuelle Verständnis der Betroffenen an und vielfach auch auf die Intensität des Seitensprungs. Für viele Menschen macht es einen Unterschied, ob das Fremdgehen ein einmaliger Vorgang war oder eine längerfristige Affäre daraus entstanden ist. Generell widerspricht Fremdgehen - selbst in unseren aufgeklärten und teilweise sexuell enttabuisierten Zeiten – den allgemeinen Moralvorstellungen. Für viele ist die Treue das höchste Gut und das umfasst auch die sexuelle Treue in der Partnerschaft.
Der einvernehmliche Seitensprung - ist das Fremdgehen?
Es ist durchaus fraglich, ob noch von Fremdgehen gesprochen werden kann, wenn beide Partner sich entsprechende intime Kontakte außerhalb ihrer festen Beziehung gestatten. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Paarbeziehung offen zu gestalten. Auch hier gibt es Unterschiede zu beachten. Während Anhänger der Polyamorie ihre Partnerschaft grundsätzlich für viele verschiedene Menschen öffnen, gestatten sich manche Paare lediglich den einmaligen Seitensprung auf sexueller Basis. Auch offene Paarbeziehungen sind vielfach konfliktreich. Eifersucht kann immer ein Thema sein, das selbst in Partnerschaften auftaucht, in denen es vorher nie eine Rolle spielte. Es fordert viel Selbstbewusstsein von dem Einzelnen, dem Partner entsprechende andere Kontakte im menschlichen und sexuellen Bereich zu erlauben. Es erfordert vor allem ein Weltbild, dass eine festePaarbeziehung nicht als abgeschlossenes System betrachtet. Unter Umständen können offene Beziehungen besser mit den individuellen Entwicklungen der einzelnen Partner über längere Zeit hinweg umgehen. Möglicherweise genießen sie auch ein befriedigenderes Sexualleben, da die sexuelle Beziehung in der Partnerschaft durch neue Kontakte von außen immer wieder veränderte Impulse erhält.
Fremdgehen entzieht sich einer Bewertung
Wie der Einzelne oder wie Paare mit einem Seitensprung oder einer Affäre umgehen, ist sehr individuell. Da die Bewertung außerpartnerschaftlicher Beziehungen in der Gesellschaft heute extrem inhomogen ist, kann man auch keinen allgemeinen Maßstab dafür entwickeln. Letztendlich muss ein Paar selbst entscheiden, wie es damit umgehen möchte. Da Seitensprünge und Affären allerdings weit verbreitet sind, kommt es einer Paarbeziehung sicherlich zugute, das Thema nicht zu verschweigen, sondern konstruktiv mit der Problematik umzugehen. Idealerweise vor dem Seitensprung.
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Redaktion, 05.10.2017